The Whale - Filmkritik | Filmtoast.de (2024)

DramaFilme

Luca Mattys

29. März 2023

6 Min. geschätzte Lesezeit

Mehrere renommierte Filmpreise, darunter den Oscar für den besten Hauptdarsteller, gab es für Brendan Frasers Darbietung in The Whale bereits. Kann der Film auch als Gesamtwerk überzeugen?

THE WHALE Trailer German Deutsch (2023)

TitelThe Whale
Jahr2022
LandUSA
RegieDarren Aronofsky
DrehbuchSamuel D. Hunter
GenreDrama
DarstellerBrendan Fraser, Sadie Sink, Hong Chau, Ty Simpkins, Samantha Morton
Länge117 Minuten
FSKab 6 Jahren freigegeben
VerleihPlaion Pictures
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Die Handlung von The Whale

Der adipöse Englisch-Dozent Charlie (Brendan Fraser) erleidet in seiner Wohnung einen Herzinfakt. Seine beste Freundin Liz (Hong Chau), die als Krankenschwester arbeitet, prophezeit ihm, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleiben wird. Da er nicht versichert ist und sich darum nicht behandeln lassen möchte, beschließt Charlie, seine letzten Tage zu nutzen, um mit seiner Vergangenheit aufzuräumen. Infolgedessen bestellt er seine Tochter Ellie (Sadie Sink) für eine Versöhnung zu sich. Doch die störrische Teenagerin möchte von ihrem Vater nichts wissen. Zu groß ist ihre Wut darüber, dass er ihre Mutter (Samantha Morton) und sie vor Jahren für seinen Ex-Partner Alan verlassen hat. Charlie versucht alles, um seine Tochter in sein Leben zu integrieren – all das, während sein Körper ihm immer stärker signalisiert, dass es mit ihm zu Ende geht.

Eine Naturgewalt von Performance

Seit Erstankündigung dieses Films lagen alle Augen auf Brendan Fraser. Sein Comeback war heißerwartet, die Konversation um seine Darstellung laut, die Erwartung kaum erfüllbar. Das immense Vertrauen, das US-Verleiher A24 in ihn gesteckt hat, zeigt sich darin, dass das erste Poster für The Whale lediglich Frasers Gesicht präsentierte. Und es stimmt, die Qualität seines Schauspiels wird all diesen Vorschusslorbeeren gerecht. Das ist nach diversen Auszeichnungen und Belobigungen wahrlich kein Geheimnis mehr. Vielmehr gilt es inzwischen als eine Art universelle Wahrheit oder Naturgesetz: Kraft ist gleich Masse mal Beschleunigung, Einfallswinkel ist gleich Ausfallswinkel, Brendan Fraser in The Whale ist gleich unnachahmlich gut.

Was aus den vielen Trailern und viralen Oscarclips aber nicht hervorgeht, ist die Art und Weise, auf die er in diesem Film glänzt. Zyniker:innen mögen eine kitschige Seifenoper erwartet haben, die lediglich den Zweck erfüllt, Preise zu gewinnen. Rotz, Schweiß, Tränen, das volle Programm. Doch anders als Schauspieler:innen, die sich jedes Jahr unter Tonnen von Makeup einglasieren lassen, um die Unzulänglichkeiten hinter ihrer mittelmäßigen Rockstar-Karaokeshow zu verstecken, spielt sich Fraser unter den Prothesen hervor. Er imitiert nicht, er ist. Sein Charlie wird zu einer formvollendeten Figur. Der Detailreichtum der Darstellung steckt nicht im Körperbau, vielmehr spricht er aus Frasers Augen. Natürlich dürfen diese während der emotionalen Höhepunkte auch blutunterlaufen tränen. Aber kein Tropfen wirkt einstudiert oder unauthentisch.

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Etwas Ehrliches

Genau wie Frasers Performance hätte The Whale auch insgesamt jede Möglichkeit gehabt, plakativ oder gar manipulativ zu scheinen. Er wäre gewiss nicht die erste Mitleidsshow, die einzig und allein kreiert wurde, um Academy-Mitglieder zum Weinen zu bringen. Und tatsächlich häufen sich Momente, die auf dem Papier eigentlich nicht funktionieren dürfen. Bereits die Eröffnungseinstellung zeigt uns Charlie, der so heftig masturbiert, dass er einen Herzinfarkt erleidet. Später brechen Tische zusammen, auf die er sich lehnt, sein Röcheln wird lauter, seine Binge-Eating-Attacken heftiger. Es werden Pizzen mit Belag verspeist, der unter keinen Umständen dieser Welt kombiniert werden sollte. Vieles davon klingt absurd, und doch lässt Aronofsky es funktionieren.

Charlie verlangt von seinen Studierenden nur eines. Ihre Essays müssen nicht wortgewaltig, intellektuell oder fordernd sein. Alles, was er fordert, ist Ehrlichkeit. An The Whale hätte er vermutlich seine wahre Freude gehabt. Denn auch dieser überzeugt nicht durch poetische Ideen, philosophische Konzepte oder anspruchsvolle Schreibkunst. Es handelt sich schlicht um eine simple Charakterstudie, eine Übung in Empathie, bei der die Vorurteile des Publiku*ms adressiert und gebrochen werden. Hält man zunächst noch einiges für unfreiwillig komisch, so fragt man sich bald schon, weshalb eigentlich. Darren Aronofsky konfrontiert geschickt die Zuschauenden mit ihren eigenen Vorurteilen und haucht seiner Hauptfigur durch subtile Regieentscheidungen überwältigende Authentizität ein.

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Lediglich gegen Ende der Laufzeit gelingt die tonale weiche Landung nicht. Fünf Minuten vor Beginn des Abspanns blökt die bis dahin interessant genutzte Musik übergriffig aus den Boxen. Diverse Einstellungen schlagen wieder in die Kerbe des unfreiwillig Komischen. Diesmal geschieht dies allerdings nicht bewusst, sondern versehentlich, denn das Ungleichgewicht wird nie aufgelöst. Frasers buchstäblich letzter Schauspielmoment ist auch sein lächerlichster. So verlässt man den Kinosaal leider potenziell eher Tränen lachend als weinend.

(Zu) wörtlich gemeint

Für ein Projekt von Darren Aronofsky ist The Whale beinahe überraschend stilistisch reduziert. Die entsättigten Farben und das klaustrophobische Seitenverhältnis, das den Protagonisten in seiner Wohnung einengt, könnten nicht weiter entfernt sein vom irren Tempospiel eines Black Swan oder der pulsierenden Symbolorgie von mother!. Dennoch ist der Stil effektiv, um uns in Charlies Perspektive einzufinden. Herauszuheben ist besonders das erstklassige Sounddesign mit subtil eingesetzten Spitzfindigkeiten. Aronofskys Regiearbeit drängt sich selten auf, garantiert aber ein emotionales Gesamtpaket mit wirkungsvoller audiovisueller Präsentation.

Erneut sticht die Abschlussszene allerdings negativ hervor. Hier verabschiedet sich der Regisseur von seiner bis dato wörtlich zu verstehenden Bildsprache und wechselt auf surrealistische Darstellung. Diese hebt sich deutlich als Stilbruch heraus und schadet der Durchschlagskraft des Moments. Wären bereits zuvor im Film realitätsfremdere Konzepte in die Bilder eingeflochten worden, wäre auch die unfreiwillige Komik weniger stark ausgeprägt. Zehn Sekunden vor Beginn des Abspanns die komplette Metaphorik des Films neu zu erfinden ist definitiv eine mutige Idee. Allerdings nur deshalb, weil die Chance, dass dies gelingt, lächerlich gering ist.

Unser Fazit zu The Whale

Brendan Fraser trägt Aronofksys Neuling auf seinen prothesenbebauten Schultern. Diese wuchtige Performance, zurecht von Kritik und Publikum gelobt, bietet einen herausragenden Anker für ein atmosphärisch dichtes Kammerspiel. Auch der Nebencast, insbesondere Hong Chau als Liz, überzeugt und trägt Samuel D. Hunters starkes Drehbuch außergewöhnlich vor. Wacklig sind allerhöchstens einige nicht konsequent durchgeführte Regieentscheidungen und wenige Momente, in denen The Whale sich nicht sicher ist, welchen Nerv er treffen möchte. Etwas mehr Zurückhaltung wäre eine geeignete Devise gewesen. Doch auch so kann der Film vollends überzeugen und ist einen Kinobesuch allemal wert, und sei es nur für die Schluchzer im Saal, die den Abspann begleiten werden.

The Whale erscheint am 27. April 2023 in den deutschen Kinos!

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Unsere Wertung:
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© Plaion Pictures

2022 Brendan Fraser Darren Aronofsky Hong Chau PLAION Pictures Sadie Sink Samantha Morton Samuel D. Hunter Ty Simpkins USA

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FAQs

What was the point of the movie The Whale? ›

Religious trauma leading to suicide, love, loss, secrets, regret, redemption, and binge eating disorder are themes in Darren Aronofsky's The Whale. Throughout the movie, Charlie inflicted more pain and trauma on his body with every episode of binge eating. He eats to numb his pain but also sadly to harm himself.

What was the last line of Ellie's essay in The Whale? ›

"The way the play ends is, Ellie has the last line of the essay: 'It made me feel glad for my ...' And she's cut off by the stage direction — 'a sharp intake of breath'.

What is the criticism of the movie The Whale? ›

Critics Reviews

There's nothing consciously sinister about THE WHALE's use of Charlie's eating disorder (the original play was, in fact, written from experience), but Aronofsky's adaptation is cruel, not just to Charlie's character, but to all of them. Content collapsed.

Was the daughter in The Whale evil? ›

Type of Villain

Ellie is the main antagonist of the 2022 drama film The Whale. She is a rebellious young girl and the estranged daughter of Charlie, a morbidly obese English teacher.

What is the message from The Whale? ›

The Whale tackles themes of redemption, being oneself, and dealing with grief. Brendan Fraser showcased that and ultimately won an Oscar for his performance as Charlie. The Whale ending brought the powerful and intense drama to a conclusion that requires some more analysis.

What was the moral of The Whale? ›

The Whale tackles themes of redemption, being oneself, and dealing with grief. Brendan Fraser showcased that and ultimately won an Oscar for his performance as Charlie.

What is the metaphor in The Whale? ›

In Herman Melville's iconic book, the whale was a metaphor for the sheer force of nature indifferent to the passions of humanity. In Aronofsky's film, "the whale" metaphor refers to Charlie although it has nothing to do with his weight. As opposed to Melville's great white whale, Charlie is anything but indifferent.

Why is The Whale so hard to watch? ›

The Whale is difficult to watch, not because of Charlie's size but because it feels as if he is treated as a grotesque, something to be disgusted by, a monster with a heart of gold.

What did the ending of The Whale mean? ›

“So in that final moment, whatever flaws he had, whatever mistakes he made and in whatever ways he couldn't love himself enough, he lived a life redeemed, because he gave everything to save his daughter.” Whether Charlie dies at the end of “The Whale” is up for debate.

Is Ellie from The Whale a sociopath? ›

Although Ellie is perhaps not depicted as sociopathic like the teen schoolgirls that education and literary scholars like Caroline Hamilton, Elizabeth Marshall and Theresa Rogers examine, the portrayal of her suggests she could be “incurably bad.”

Who was the pizza guy in The Whale? ›

Sathya Sridharan: Dan the Pizza Man

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Is The Whale based on a true story? ›

The Whale is not based on a true story. It is a work of fiction, even if the play was inspired by Hunter's life. Brendan Fraser's character, Charlie, is not a real person, nor are any of the characters in the film based on real people.

What is controversial about The Whale movie? ›

However, the film has been accused of The Whale fatphobia controversy by using Charlie's refusal to go to the hospital as a way to show the audience that he is self-sacrificial, rather than acknowledging that studies show that obese patients are often either dismissed or misdiagnosed by doctors.

What is The Whale a true story? ›

No – the film is not based on a true story and is almost completely a work of fiction, even if writer Samuel D Hunter has said that certain aspects of the plot are semi-autobiographical.

What happened to The Whale at the end of the movie? ›

As Ellie concludes her reading, Charlie begins to float before being engulfed in white light - indicating his death and passing over to the afterlife. In an emotional final shot, a flashback is shown to Charlie on the beach with Mary and Ellie.

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Author: Reed Wilderman

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Name: Reed Wilderman

Birthday: 1992-06-14

Address: 998 Estell Village, Lake Oscarberg, SD 48713-6877

Phone: +21813267449721

Job: Technology Engineer

Hobby: Swimming, Do it yourself, Beekeeping, Lapidary, Cosplaying, Hiking, Graffiti

Introduction: My name is Reed Wilderman, I am a faithful, bright, lucky, adventurous, lively, rich, vast person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.